Auch die Politik darf man in Sachen Zumwinkel nicht freisprechen. Sie hat dem damaligen Post-Vorstandschef auf einen Schlag 2,24 Millionen in die Privatkasse gespült. Er verkaufte Optionen zu 23,57 Euro pro Stück, die er zum Kurs von 12,40 Euro erhalten hatte. Grund für die rasante Steigerung: Es war klar, dass die Berliner Koalition per Mindestlohn-Beschluss für Postdienste die privaten Anbieter vom Markt drängen würde. Der Staat, der nun Zumwinkels Geldgier ahndet, hat diese Gier nach Kräften gefördert.“
Der neue Tag
WAZ: Einen wie ihn trifft es hart
Gute Nacht, Justiz. So lautet einer der ersten Leser-Kommentare zum Urteil im Zumwinkel-Prozess. Das „Recht sei eine Hure“ und dieses Urteil „ein Schlag ins Gesicht“ anderer.
In der Tat: Klaus Zumwinkel muss nicht hinter Gitter, wo ihn viele gern gesehen hätten. Schließlich hat der ehemalige Post-Chef das Finanzamt systematisch um eine Million Euro betrogen. Aus purer Gier offenbar; nicht anders ist zu erklären, warum er im angeklagten Zeitraum zwar zehn Millionen Euro zahlte, aber die elfte auf die
Seite schaffte.
Dennoch ist dieses Urteil für Klaus Zumwinkel kein mildes. Aus Angst um seine Reputation hatte er vor Jahren eine Steueramnestie ungenutzt gelassen, bei der er straffrei geblieben wäre. Was zeigt, wieviel ihm an Ansehen, an gutem Ruf liegt. Jetzt steht der Manager des Jahres 2003 am medialen Pranger wie kein anderer Unternehmer, ist ein Ausgestoßener, vorbestraft, muss sein Bundesverdienstkreuz vermutlich zurückgeben – und wird sicher nie mehr mit der Kanzlerin speisen. Einen wie ihn trifft das hart. Andere – gierig wie er – weckt das Urteil hoffentlich noch rechtzeitig auf.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Prozesse-Steuerhinterziehung Zumwinkel – Kein Kavaliersdelikt
Klaus Zumwinkel ist doppelt gestraft und hat bekommen, was er verdient. Wenn ein mit herausragenden Aufgaben betrauter angeblich höchst ehrbarer Kaufmann sich als geldgieriger Nimmersatt entpuppt, der mit großer krimineller Energie über Jahre hinweg Steuern hinterzieht, dann sind Bewährungsstrafe, Geldbuße und gesellschaftliche Ächtung nur konsequent.
Zwei wichtige Signale gehen vom Fall Zumwinkel aus. Erstens: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern wird spürbar geahndet. Zweitens: Auch prominente Angeklagte profitieren nicht mehr und nicht weniger von Vorbesprechungen ihrer Verfahren als andere Kriminelle. Natürlich macht der kurze Prozess stutzig. Zudem gab es ein dubioses Fristversäumnis, weshalb die Liste der Steuerhinterziehungen in der Anklage plötzlich stark verkürzt wurde. Doch andererseits belegen Zumwinkels Geständnis und seine beachtliche Steuernachzahlung glaubhaft, dass er reinen Tisch machen wollte. Auch in jedem anderen Fall wäre solches Verhalten strafmildernd anerkannt worden.
Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack. Denn zu lesen war die Chronik eines angekündigten Urteils, wozu auch die Verwendung gestohlenen Beweismaterials beigetragen haben dürfte, über die Zumwinkel und seine Anwälte sicherlich nicht zufällig hinwegsahen.
Neue Osnabrücker Zeitung
P2News