Es klingt liberal, wenn das Straßburger Gericht sagt, dass es sich nicht in staatliche Regeln der Religionsfreiheit einmischt. Liberal? Das kann man ganz anders sehen. Denn das Grundrecht hat auch sein schützenswertes Gegenstück – nämlich die negative Religionsfreiheit: die Freiheit, nicht einem bestimmten Glauben anzuhängen. Das Recht, in Ruhe gelassen zu werden.
Dieser Schutz gilt da, wo der Betroffene nicht ausweichen kann. Sei es gegenüber der Kopftuch tragenden Lehrerin oder mit Blick auf das Kruzifix an der Wand des Klassenzimmers oder im Gericht. Diese negative Religionsfreiheit hatte das Bundesverfassungsgericht 1995 betont. Für Deutschland gilt dessen Urteil weiter. Allerdings haben die Gegner der damaligen Entscheidung nun neue Munition für weitere Konflikte in dieser Frage bekommen.
P2News/Westdeutsche Zeitung